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Insolvenz- und strafrechtliche Aspekte der Covid-19 Pandemie – Teil IV

Die Covid-19 Pandemie und deren weitreichenden wirtschaftlichen Folgen haben den Gesetzgeber auch zu zahlreichen Änderungen im Bereich des Insolvenzrechts veranlasst.

Mit dem 2. Covid-19 Gesetz (BGBl I Nr 16/2020) wurde zunächst klargestellt, dass unter den Begriff der Naturkatastrophe in § 69 Abs 2a IO auch Epidemien und Pandemien fallen. Tritt daher wegen der Covid-19 Pandemie Zahlungsunfähigkeit ein, verlängert sich die Insolvenzantragspflicht automatisch von 60 auf 120 Tage. Bei dieser Frist handelt es sich aber (wie bisher) um eine Maximalfrist, dh von einem sofortigen Insolvenzantrag darf nur dann abgesehen werden, wenn ernsthafte und aussichtsreiche Sanierungsversuche unternommen werden. Die Frist beginnt zu laufen, sobald die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung objektiv erkennbar ist.

Mit dem 4. Covid-19 Gesetz (BGBl I Nr 24/2020) ist der Gesetzgeber noch einen Schritt weitergegangen: Wenn eine insolvenzrechtliche Überschuldung (im Sinn des § 67 IO) nach dem 01.03.2020 eingetreten ist, wird die Insolvenzantragspflicht automatisch bis zum 30.06.2020 ausgesetzt. Der Insolvenzgrund der Überschuldung verpflichtet daher nicht zu einer unverzüglichen Stellung eines Insolvenzantrags, sofern die Überschuldung erst nach dem 01.03.2020 eingetreten ist, weil zB aufgrund der Covid-19 Pandemie die positive Fortbestehensprognose weggefallen ist. Liegt eine insolvenzrechtliche Überschuldung bei Ablauf des 30.06.2020 vor, so gilt, je nachdem welcher Zeitraum später endet, die Insolvenzantragspflicht von maximal 60 Tagen nach Ablauf des 30.06.2020 oder maximal 120 Tage nach Eintritt der Überschuldung.

Keine Änderungen gibt es hingegen beim Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit. Hier besteht weiterhin eine Verpflichtung zur unverzüglichen Insolvenzantragstellung, wobei die Maximalfrist für die Antragstellung bei entsprechend erfolgsversprechenden Sanierungsbemühungen, wie oben festgehalten, 120 Tage beträgt, wenn die Zahlungsunfähigkeit Folge der Covid-19 Pandemie ist. Ist jedoch die Zahlungsunfähigkeit auf andere Gründe zurückzuführen, kommt die Fristverlängerung des § 69 Abs 2a IO nicht zum Tragen; die Frist beträgt dann weiterhin (maximal) 60 Tage.

Aus strafrechtlicher Sicht ist zu betonen, dass die bisherigen, durch die Covid-19 Pandemie bedingten Neuregelungen im Insolvenzrecht keine Änderungen bei der Prüfung und Anwendung der Gläubigerschutzdelikte (zB Betrügerische Krida gemäß § 156 StGB, Grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen gemäß § 159 StGB) zur Folge haben. Auch die im 4. Covid-19 Gesetz vorgesehene Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bei Überschuldung beeinflusst die Strafbarkeit wegen eines Gläubigerschutzdelikts nicht. Eine solche bestimmt sich weiterhin nach denselben Kriterien wie vor der Covid-19 Pandemie. Dabei ist in Erinnerung zu rufen, dass die unterlassene Antragstellung allein („Insolvenzverschleppung“) zwar keine Strafbarkeit begründet, einige Gläubigerschutzdelikte aber weder ein förmlich eingeleitetes Insolvenzverfahren, noch den Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit oder insolvenzrechtlichen Überschuldung voraussetzen (zB Betrügerische Krida gemäß § 156 StGB, Grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen gemäß § 159 Abs 3 StGB).

Zudem sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich auch strafbar macht, wer vorsätzlich nach Eintritt seiner Zahlungsunfähigkeit einen Gläubiger begünstigt und dadurch einen anderen Gläubiger benachteiligt (Begünstigung eines Gläubigers gemäß § 158 StGB). Ein solches Strafbarkeitsrisiko wäre zB auch in Zeiten der Covid-19 Pandemie bereits verwirklicht, wenn ein Geschäftsführer einer GmbH in Kenntnis der bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens noch die laufenden Zahlungen gegenüber Mitarbeitern und Lieferanten anweist und dadurch den Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Finanzverwaltung oder der Österreichischen Gesundheitskassa nicht mehr nachkommen kann. Es kann daher nicht oft genug betont werden, dass die regelmäßige Bewertung der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung gerade jetzt besonders sorgfältig wahrgenommen werden muss, um sich am Ende des Kampfes um das wirtschaftliche Überleben des Unternehmens nicht auch mit persönlichen strafrechtlichen Konsequenzen konfrontiert zu sehen.

Bei Fragen zu strafrechtlichen Themen im Zusammenhang mit der Covid-19 Pandemie stehen Ihnen bei wkk law Rechtsanwälte RA Dr Norbert Wess (n.wess@wkklaw.at), RA Mag Markus Machan (m.machan@wkklaw.at) und RA Dr Vanessa McAllister (v.mcallister@wkklaw.at) sehr gerne und jederzeit zur Verfügung.